Der zerbrochne Krug - Heinrich von Kleist (wypoĹĽyczalnia ksiÄ…ĹĽek txt) đź“–
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- Autor: Heinrich von Kleist
- Epoka: Romantyzm
- Rodzaj: Dramat
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Wenn er log, ihr Herrn, konnt ich’s nicht prüfen.
Ich muĂźte seinem Wort vertraun.
WALTER
Ganz recht.
Du konntest es nicht prĂĽfen. Weiter nur.
Wo ist der Schein, sprachst du?
EVE
„Hier,” sagt er, „Evchen;”
Und zieht ihn vor. „Doch höre,” fährt er fort,
„Du mußt, so wahr ich lebe, mir vorher
Noch sagen, wie der Ruprecht zubenams’t?
Heißt er nicht Ruprecht Gimpel?” — Wer? Der Ruprecht?
„Ja. Oder Simpel? Simpel oder Gimpel.”
Ach, Gimpel! Simpel! TĂĽmpel heiĂźt der Ruprecht.
„Gott’s Blitz, ja,” spricht er; „Tümpel! Ruprecht Tümpel!
Hab ich, Gott tödt mich, mit dem Wetternamen
Auf meiner Zunge nicht Versteck gespielt!” —
Ich sag’, Herr Richter Adam, weiß er nicht —?
„Der Teufel soll mich holen, nein!” spricht er. —
Steht denn der Nam’ hier im Attest noch nicht?
„Ob er in dem Attest —?” — Ja, hier im Scheine.
„Ich weiß nicht, wie du heute bist”, spricht er.
„Du hörst’s, ich sucht’ und fand ihn nicht, als ich
Heut nachmittag bei mir den Schein hier mit
Dem Physikus zusammen fabricirte.”
Das ist ja aber dann kein Schein, sprech’ ich.
Das ist, nehm er’s mir übel nicht, ein Wisch, das!
Ich brauch’ ein ordentlich Attest, Herr Richter. —
„Die ist, mein Seel, heut,” spricht er, „ganz von Sinnen.
Der Schein ist fertig, ge- und unterschrieben,
Datirt, besiegelt auch, und in der Mitte
Ein Platz, so groĂź just, wie ein TĂĽmpel, offen;
Den füll ich jetzt mit Dinte aus, so ist’s
Ein Schein, nach allen Regeln, wie du brauchst.” —
Doch ich: wo will er in der Nacht, Herr Richter,
Hier unterm Birnbaum auch den Platz erfüllen? —
„Gott’s Menschenkind auch, unvernünftiges!”
Spricht er; „du hast ja in der Kammer Licht,
Und Dint und Feder führ’ ich in der Tasche.
Fort! Zwei Minuten braucht’s, so ist’s geschehn.
RUPRECHT
Ei, solch ein blitz-verfluchter Kerl!
WALTER
Und darauf gingst du mit ihm in die Kammer?
EVE
Ich sag: Herr Dorfrichter, was das auch fĂĽr
Anstalten sind! Ich werde jetzt mit ihm,
Da Mutter schläft, in meine Kammer gehn.
Daraus wird nichts, das konnt’ er sich wohl denken.
„Gut”, spricht er, „wie du willst. Ich bins zufrieden.
So bleibt die Sach’ bis auf ein andermal.
In Tagner drei bis acht bin ich zurück.” —
Herr Gott, sag’ ich, er in acht Tagen erst!
Und in drei Tagen geht der Ruprecht schon —
WALTER
Nun, Evchen, kurz —
EVE
Kurz, gnäd’ger Herr —
WALTER
Du gingst —
EVE
Ich ging. Ich führt’ ihn in die Kammer ein.
FRAU MARTHE
Ei, Eve! Eve!
EVE
ZĂĽrnt nicht!
WALTER
Nun jetzt — weiter?
EVE
Da wir jetzt in der Stube sind — zehnmal
Verwünscht’ ich’s schon, eh wir sie noch erreicht —
Und ich die ThĂĽr behutsam zugedrĂĽckt,
Legt er Attest und Dint’ und Feder auf den Tisch,
Und rĂĽckt den Stuhl herbei sich, wie zum Schreiben.
Ich denke, setzen wird er sich: doch er,
Er geht und schiebt den Riegel vor die ThĂĽre,
Und räuspert sich, und lüftet sich die Weste,
Und nimmt sich die Perücke förmlich ab,
Und hängt, weil der Perückenstock ihm fehlt,
Sie auf den Krug dort, den zum Scheuern ich
Bei mir auf’s Wandgesimse hingestellt.
Und da ich frag’, was dies auch mir bedeute?
Läßt er am Tisch jetzt auf den Stuhl sich nieder,
Und faßt mich so, bei beiden Händen, seht,
Und sieht mich an.
FRAU MARTHE
Und sieht —?
RUPRECHT
Und sieht dich an —?
EVE
Zwei abgemessene Minuten starr mich an.
FRAU MARTHE
Und spricht —?
RUPRECHT
Spricht nichts —?
EVE
Er, Niederträcht’ger, sag’ ich,
Da er jetzt spricht; was denkt er auch von mir?
Und stoß’ ihm, vor die Brust daß er euch taumelt —
Und: Jesus Christus! ruf ich: Ruprecht kömmt!
— Denn an der Thür ihn draußen hör’ ich donnern.
RUPRECHT
Ei, sieh! da kam ich recht.
EVE
„Verflucht!” spricht er,
„Ich bin verrathen!” — und springt, den Schein ergreifend,
Und Dint’ und Feder, zu dem Fenster hin.
„Du!” sagt er jetzt, „sei klug!” — und öffnet es.
„Den Schein holst du dir morgen bei mir ab.
Sagst du ein Wort, so nehm ich ihn, und reiß’ ihn,
Und mit ihm deines Lebens Glück, entzwei.”
RUPRECHT
Die Bestie!
EVE
Und tappt sich auf die HĂĽtsche,
Und auf den Stuhl, und steigt auf’s Fensterbrett,
Und untersucht, ob er wohl springen mag.
Und wendet sich, und beugt sich zum Gesimse,
Wo die Perück’ hängt, die er noch vergaß.
Und greift und reiĂźt vom Kruge sie, und reiĂźt
Von dem Gesims den Krug herab:
Der stĂĽrzt; er springt; und Ruprecht kracht ins Zimmer.
RUPRECHT
Gott’s Schlag und Wetter!
EVE
Jetzt will, ich jetzt will reden,
Gott der Allwissende bezeugt es mir!
Doch dieser — schnaubend fliegt er euch durch’s Zimmer,
Und stößt —
RUPRECHT
Verflucht!
EVE
Mir vor die Brust —
RUPRECHT
Mein Evchen!
EVE
Ich taumle sinnlos nach dem Bette hin.
VEIT
Verdammter Hitzkopf, du!
EVE
Jetzt steh’ ich noch,
GoldgrĂĽn, wie Flammen rings, umspielt es mich,
Und wank’, und halt’ am Bette mich; da stürzt
Der von dem Fenster schmetternd schon herab;
Ich denk’, er steht im Leben nicht mehr auf.
Ich ruf: Heiland der Welt! und spring’ und neige
Mich über ihn, und nehm’ ihn in die Arme,
Und sage: Ruprecht! Lieber Mensch! Was fehlt dir?
Doch er —
RUPRECHT
Fluch mir!
EVE
Er wüthet —
RUPRECHT
Traf ich dich?
EVE
Ich weiche mit Entsetzen aus.
FRAU MARTHE
Der Grobian!
RUPRECHT
DaĂź mir der FuĂź erlahmte!
FRAU MARTHE
Nach ihr zu stoĂźen!
EVE
Jetzt erscheint die Mutter,
Und stutzt, und hebt die Lamp’ und fällt ergrimmt,
Da sie den Krug in Scherben sieht, den Ruprecht
Als den unzweifelhaften Thäter an.
Er, wutvoll steht er, sprachlos da, will sich
Vertheidigen: doch Nachbar Ralf fällt ihn,
Vom Schein getäuscht, und Nachbar Hinz ihn an,
Und Muhme Sus’ und Lies’ und Frau Brigitte,
Die das Geräusch zusammt herbeigezogen,
Sie Alle, taub, sie schmähen ihn und schimpfen,
Und sehen groĂźen Auges auf mich ein,
Da er mit Flüchen, schäumenden, betheuert,
DaĂź nicht er, daĂź ein Andrer das Geschirr,
Der eben nur entwichen sei, zerschlagen.
RUPRECHT
VerwĂĽnscht! DaĂź ich nicht schwieg! Ein Anderer!
Mein liebes Evchen!
EVE
Die Mutter stellt sich vor mich,
BlaĂź, ihre Lippe zuckt, sie stemmt die Arme.
„Ists,” fragt sie, „ists ein Anderer gewesen?”
Und: Joseph, sag’ ich, und Maria, Mutter;
Was denkt ihr auch? — „Und was noch fragt ihr sie,”
Schreit Muhme Sus’ und Liese: „Ruprecht war’s!”
Und alle schrein: „Der Schändliche! Der Lügner!”
Und ich — ich schwieg, ihr Herrn; ich log, ich weiß,
Doch log ich anders nicht, ich schwör’s, als schweigend.
RUPRECHT