Der zerbrochne Krug - Heinrich von Kleist (wypożyczalnia książek txt) 📖
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- Autor: Heinrich von Kleist
- Epoka: Romantyzm
- Rodzaj: Dramat
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hat einen Stoß empfangen.
Dort wischten seine beiden Muhmen sich,
Der Franzen und der Ungarn Königinnen,
Gerührt die Augen aus; wenn man die Eine
Die Hand noch mit dem Tuch empor sieht heben,
So ist’s, als weinete sie über sich.
Hier im Gefolge stützt sich Philibert,
Für den den Stoß der Kaiser aufgefangen,
Noch auf das Schwerdt; doch jetzo müßt’ er fallen,
So gut wie Maximilian: der Schlingel!
Die Schwerdter unten jetzt sind weggeschlagen.
Hier in der Mitte, mit der heil’gen Mütze,
Sah man den Erzbischof von Arras stehn;
Den hat der Teufel ganz und gar geholt,
Sein Schatten nur fällt lang noch übers Pflaster.
Hier standen rings, im Grunde, Leibtrabanten,
Mit Hellebarden, dicht gedrängt, und Spießen,
Hier Häuser, seht, vom großen Markt zu Brüssel,
Hier guckt noch ein Neugier’ger aus dem Fenster:
Doch was er jetzo sieht, das weiß ich nicht.
ADAM
Frau Marth! Erlaßt uns das zerscherbte Pactum,
Wenn es zur Sache nicht gehört.
Uns geht das Loch — nichts die Provinzen an,
Die darauf übergeben worden sind.
FRAU MARTHE
Erlaubt! Wie schön der Krug, gehört zur Sache! —
Den Krug erbeutete sich Childerich,
Der Kesselflicker, als Oranien
Briel mit den Wassergeusen überrumpelte.
Ihn hatt’ ein Spanier, gefüllt mit Wein,
Just an den Mund gesetzt, als Childerich
Den Spanier von hinten niederwarf,
Den Krug ergriff, ihn leert’, und weiter ging.
ADAM
Ein würd’ger Wassergeuse.
FRAU MARTHE
Hierauf vererbte
Der Krug auf Fürchtegott, den Todtengräber;
Der trank zu dreimal nur, der Nüchterne,
Und stets vermischt mit Wasser aus dem Krug.
Das erstemal, als er im Sechzigsten
Ein junges Weib sich nahm; drei Jahre drauf,
Als sie noch glücklich ihn zum Vater machte;
Und als sie jetzt noch funfzehn Kinder zeugte,
Trank er zum drittenmale, als sie starb.
ADAM
Gut. Das ist auch nicht übel.
FRAU MARTHE
Drauf fiel der Krug
An den Zachäus, Schneider in Tirlemont,
Der meinem seel’gen Mann, was ich euch jetzt
Berichten will, mit eignem Mund erzählt.
Der warf, als die Franzosen plünderten,
Den Krug, samt allem Hausrath, aus dem Fenster,
Sprang selbst, und brach den Hals, der Ungeschickte,
Und dieser irdne Krug, der Krug von Thon,
Auf’s Bein kam er zu stehen, und blieb ganz.
ADAM
Zur Sache, wenn’s beliebt, Frau Marthe Rull! Zur Sache!
FRAU MARTHE
Drauf in der Feuersbrunst von Sechs und sechszig,
Da hatt’ ihn schon mein Mann, Gott hab’ ihn selig —
ADAM
Zum Teufel! Weib! So seid ihr noch nicht fertig?
FRAU MARTHE
— Wenn ich nicht reden soll, Herr Richter Adam,
So bin ich unnütz hier, so will ich gehn,
Und ein Gericht mir suchen, das mich hört.
WALTER
Ihr sollt hier reden: doch von Dingen nicht,
Die eurer Klage fremd. Wenn ihr uns sagt,
Daß jener Krug euch werth, so wissen wir
So viel, als wir zum Richten hier gebrauchen.
FRAU MARTHE
Wie viel ihr brauchen möget, hier zu richten,
Das weiß ich nicht, und untersuch’ es nicht;
Das aber weiß ich, daß ich, um zu klagen,
Muß vor euch sagen dürfen, über was.
WALTER
Gut denn. Zum Schluß jetzt. Was geschah dem Krug?
Was? — Was geschah dem Krug im Feuer
Von Anno sechs und sechszig? Wird man’s hören?
Was ist dem Krug geschehn?
FRAU MARTHE
Was ihm geschehen?
Nichts ist dem Krug, ich bitt’ euch sehr, ihr Herren,
Nichts Anno sechs und sechszig ihm geschehen.
Ganz blieb der Krug, ganz in der Flammen Mitte,
Und aus des Hauses Asche zog ich ihn
Hervor, glasirt, am andern Morgen, glänzend,
Als käm’ er eben aus dem Töpferofen.
WALTER
Nun gut. Nun kennen wir den Krug. Nun wissen
Wir Alles, was dem Krug geschehn, was nicht.
Was giebt’s jetzt weiter?
FRAU MARTHE
Nun diesen Krug jetzt seht — den Krug,
Zertrümmert einen Krug noch werth, den Krug
Für eines Fräuleins Mund, die Lippe selbst,
Nicht der Frau Erbstatthalterin zu schlecht,
Den Krug, ihr hohen Herren Richter beide,
Den Krug hat jener Schlingel mir zerbrochen.
ADAM
Wer?
FRAU MARTHE
Er, der Ruprecht dort.
RUPRECHT
Das ist gelogen,
Herr Richter.
ADAM
Schweig’ er, bis man ihn fragen wird.
Auch heut an ihn noch wird die Reihe kommen.
— Habt ihr’s im Protocoll bemerkt?
LICHT
O ja.
ADAM
Erzählt den Hergang, würdige Frau Marthe.
FRAU MARTHE
Es war Uhr eilfe gestern —
ADAM
Wann, sagt ihr?
FRAU MARTHE
Uhr eilf.
ADAM
Am Morgen!
FRAU MARTHE
Nein, verzeiht am Abend,
Und schon die Lamp’ im Bette wollt’ ich löschen,
Als laute Männerstimmen, ein Tumult,
In meiner Tochter abgelegnen Kammer,
Als ob der Feind einbräche, mich erschreckt.
Geschwind’ die Trepp’ eil’ ich hinab, ich finde
Die Kammerthür gewaltsam eingesprengt,
Schimpfreden schallen wüthend mir entgegen,
Und da ich mir den Auftritt jetzt beleuchte,
Was find’ ich jetzt, Herr Richter, was jetzt find’ ich?
Den Krug find’ ich zerscherbt im Zimmer liegen,
In jedem Winkel liegt ein Stück,
Das Mädchen ringt die Händ’, und er der Flaps dort,
Der trotzt, wie toll, euch in des Zimmers Mitte.
ADAM
Ei, Wetter!
FRAU MARTHE
Was?
ADAM
Sieh da, Frau Marthe!
FRAU MARTHE
Ja! —
Drauf ist’s, als ob in so gerechtem Zorn,
Mir noch zehn Arme wüchsen, jeglichen
Fühl’ ich mir wie ein Geier ausgerüstet.
Ihn stell’ ich dort zu Rede, was er hier
In später Nacht zu suchen, mir die Krüge
Des Hauses tobend einzuschlagen habe:
Und er, zur Antwort giebt er mir, jetzt rathet?
Der Unverschämte! Der Halunke, der!
Aufs Rad will ich ihn sehen, oder mich
Nicht mehr geduldig auf den Rücken legen:
Er spricht, es hab’ ein Anderer den Krug
Vom Sims’ gestürzt — ein Anderer, ich bitt’ euch,
Der vor ihm aus der Kammer nur entwichen;
— Und überhäuft mit Schimpf mir da das Mädchen.
ADAM
O! faule Fische — Hierauf?
FRAU MARTHE
Auf dies Wort
Seh’ ich das Mädchen fragend an; die steht
Gleich einer Leiche da, ich sage: Eve! —
Sie setzt sich; ist’s ein Anderer gewesen,
Frag’ ich? Und Joseph und Marie, ruft sie,
Was denkt ihr Mutter auch? — So sprich! Wer war’s?
Wer sonst, sagt sie, — und wer auch konnt’ es anders?
Und schwört mir zu, daß er’s gewesen ist.
EVE
Was schwor ich euch? Was hab’ ich euch geschworen?
Nichts schwor ich, nichts euch —
FRAU MARTHE
Eve!
EVE
Nein! Dies lügt ihr. —
RUPRECHT
Da hört ihr’s.
ADAM
Hund, jetzt, verfluchter, schweig,
Soll hier die Faust den Rachen dir noch stopfen!
Nachher ist Zeit für dich, nicht jetzt.
FRAU MARTHE
Du hättest nicht —?