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class="paragraph">Das ist die Madonna. DICHTER

Die hast du immer mit?

SCHAUSPIELERIN

Die ist doch mein Talisman. Und jetzt geh, Robert!

DICHTER

Aber was sind das für Scherze? Soll ich dir nicht helfen?

SCHAUSPIELERIN

Nein, du sollst jetzt gehn.

DICHTER

Und wann soll ich wiederkommen?

SCHAUSPIELERIN

In zehn Minuten.

DICHTER
küßt sie.

Auf Wiedersehen!

SCHAUSPIELERIN

Wo willst du denn hin?

DICHTER

Ich werde vor dem Fenster auf und ab gehen. Ich liebe es sehr, nachts im Freien herumzuspazieren. Meine besten Gedanken kommen mir so. Und gar in deiner Nähe, von deiner Sehnsucht sozusagen umhaucht... in deiner Kunst webend.

SCHAUSPIELERIN

Du redest wie ein Idiot...

DICHTER
schmerzlich.

Es gibt Frauen, welche vielleicht sagen würden... wie ein Dichter.

SCHAUSPIELERIN

Nun geh endlich. Aber fang mir kein Verhältnis mit der Kellnerin an. —

Dichter geht. SCHAUSPIELERIN
kleidet sich aus. Sie hört, wie der Dichter über die Holztreppe hinuntergeht und hört jetzt seine Schritte unter dem Fenster. Sie geht, sobald sie ausgekleidet ist, zum Fenster, sieht hinunter, er steht da; sie ruft flüsternd hinunter.

Komm!

Dichter kommt rasch herauf, stürzt zu ihr, die sich unterdessen ins Bett gelegt und das Licht ausgelöscht hat; er sperrt ab. SCHAUSPIELERIN

So, jetzt kannst du dich zu mir setzen und mir was erzählen.

DICHTER
setzt sich zu ihr aufs Bett.

Soll ich nicht das Fenster schließen? Ist dir nicht kalt?

SCHAUSPIELERIN

Oh nein!

DICHTER

Was soll ich dir denn erzählen?

SCHAUSPIELERIN

Nun, wem bist du in diesem Moment untreu?

DICHTER

Ich bin es ja leider noch nicht.

SCHAUSPIELERIN

Nun, tröste dich, ich betrüge auch jemanden.

DICHTER

Das kann ich mir denken.

SCHAUSPIELERIN

Und was glaubst du, wen?

DICHTER

Ja Kind, davon kann ich keine Ahnung haben.

SCHAUSPIELERIN

Nun, rate.

DICHTER

Warte... Na, deinen Direktor.

SCHAUSPIELERIN

Mein Lieber, ich bin keine Choristin.

DICHTER

Nun, ich dachte nur.

SCHAUSPIELERIN

Rate noch einmal.

DICHTER

Also du betrügst deinen Kollegen... Benno —

SCHAUSPIELERIN

Ha! Der Mann liebt ja überhaupt keine Frauen... weißt du das nicht? Der Mann hat ja ein Verhältnis mit seinem Briefträger!

DICHTER

Ist das möglich! —

SCHAUSPIELERIN

So gib mir lieber einen Kuß.

Dichter umschlingt sie.

Aber was tust du denn?

DICHTER

So quäl mich doch nicht so.

SCHAUSPIELERIN

Höre, Robert, ich werde dir einen Vorschlag machen. Leg dich zu mir ins Bett.

DICHTER

Angenommen!

SCHAUSPIELERIN

Komm schnell, komm schnell!

DICHTER

Ja... wenn es nach mir gegangen wäre, wär ich schon längst... Hörst du...

SCHAUSPIELERIN

Was denn?

DICHTER

Draußen zirpen die Grillen.

SCHAUSPIELERIN

Du bist wohl wahnsinnig, mein Kind, hier gibt es ja keine Grillen.

DICHTER

Aber du hörst sie doch.

SCHAUSPIELERIN

Nun so komm endlich!

DICHTER

Da bin ich.

Zu ihr. SCHAUSPIELERIN

So, jetzt bleib schön ruhig liegen... Pst... nicht rühren.

DICHTER

Ja, was fällt dir denn ein?

SCHAUSPIELERIN

Du möchtest wohl gerne ein Verhältnis mit mir haben?

DICHTER

Das dürfte dir doch bereits klar sein.

SCHAUSPIELERIN

Nun, das möchte wohl mancher...

DICHTER

Es ist aber doch nicht zu bezweifeln, daß in diesem Moment ich die meisten Chancen habe.

SCHAUSPIELERIN

So komm, meine Grille! Ich werde dich von nun an Grille nennen.

DICHTER

Schön...

SCHAUSPIELERIN

Nun, wen betrüg’ ich?

DICHTER

Wen?... Vielleicht mich...

SCHAUSPIELERIN

Mein Kind, du bist schwer gehirnleidend.

DICHTER

Oder einen... den du selbst nie gesehen... einen, den du nicht kennst, einen — der für dich bestimmt ist und den du nie finden kannst...

SCHAUSPIELERIN

Ich bitte dich, rede nicht so märchenhaft blöd.

DICHTER

... Ist es nicht sonderbar... auch du — und man sollte doch glauben. — Aber nein, es hieße dir dein Bestes rauben, wollte man dir... komm, komm — — komm —

SCHAUSPIELERIN

Das ist noch schöner, als in blödsinnigen Stücken spielen... was meinst du?

DICHTER

Nun, ich mein’, es ist gut, daß du doch zuweilen in vernünftigen zu spielen hast.

SCHAUSPIELERIN

Du arroganter Hund meinst gewiß wieder das deine?

DICHTER

Jawohl!

SCHAUSPIELERIN
ernst.

Das ist wohl ein herrliches Stück!

DICHTER

Nun also!

SCHAUSPIELERIN

Ja, du bist ein großes Genie, Robert!

DICHTER

Bei dieser Gelegenheit könntest du mir übrigens sagen, warum du vorgestern abgesagt hast. Es hat dir doch absolut gar nichts gefehlt.

SCHAUSPIELERIN

Nun, ich wollte dich ärgern.

DICHTER

Ja warum denn? Was hab’ ich dir denn getan?

SCHAUSPIELERIN

Arrogant bist du gewesen.

DICHTER

Wieso?

SCHAUSPIELERIN

Alle im Theater finden es.

DICHTER

So.

SCHAUSPIELERIN

Aber ich hab’ ihnen gesagt: Der Mann hat wohl ein Recht, arrogant zu sein.

DICHTER

Und was haben die anderen geantwortet?

SCHAUSPIELERIN

Was sollen mir denn die Leute antworten? Ich rede ja mit keinem.

DICHTER

Ach so.

SCHAUSPIELERIN

Sie möchten mich am liebsten alle vergiften. Aber das wird ihnen nicht gelingen.

DICHTER

Denke jetzt nicht an die anderen Menschen. Freue dich lieber, daß wir hier sind und sage mir, daß du mich liebhast.

SCHAUSPIELERIN

Verlangst du noch weitere Beweise?

DICHTER

Bewiesen kann das überhaupt nicht werden.

SCHAUSPIELERIN

Das ist aber großartig! Was willst du denn noch?

DICHTER

Wie vielen hast du es schon auf diese Art beweisen wollen... hast du alle geliebt?

SCHAUSPIELERIN

Oh nein. Geliebt hab’ ich nur einen.

DICHTER
umarmt sie.

Mein...

SCHAUSPIELERIN

Fritz.

DICHTER

Ich heiße Robert. Was bin denn ich für dich, wenn du jetzt an Fritz denkst?

SCHAUSPIELERIN

Du bist eine Laune.

DICHTER

Gut, daß ich es weiß.

SCHAUSPIELERIN

Nun sag, bist du nicht stolz?

DICHTER

Ja, weshalb soll ich denn stolz sein?

SCHAUSPIELERIN

Ich denke, daß du wohl einen Grund dazu hast.

DICHTER

Ach deswegen.

SCHAUSPIELERIN

Jawohl, deswegen, meine blasse Grille! Nun, wie ist das mit dem Zirpen? Zirpen sie noch?

DICHTER

Ununterbrochen. Hörst du’s denn nicht?

SCHAUSPIELERIN

Freilich hör’ ich. Aber das sind Frösche, mein Kind.

DICHTER

Du irrst dich, die quaken.

SCHAUSPIELERIN

Gewiß quaken sie.

DICHTER

Aber nicht hier, mein Kind, hier wird gezirpt.

SCHAUSPIELERIN

Du bist wohl das Eigensinnigste, was mir je untergekommen ist. Gib mir einen Kuß, mein Frosch!

DICHTER

Bitte sehr, nenn mich nicht so. Das macht mich direkt nervös.

SCHAUSPIELERIN

Nun, wie soll ich dich nennen.

DICHTER

Ich hab’ doch einen Namen: Robert.

SCHAUSPIELERIN

Ach, das ist zu dumm.

DICHTER

Ich bitte dich aber, mich einfach so zu nennen, wie ich heiße.

SCHAUSPIELERIN

Also Robert, gib mir einen Kuß... Ah! Sie küßt ihn. Bist du jetzt zufrieden, Frosch? Hahahaha.

DICHTER

Würdest du mir erlauben, mir eine Zigarette anzuzünden?

SCHAUSPIELERIN

Gib mir auch eine.

Er nimmt die Zigarettentasche vom Nachtkästchen, entnimmt ihr zwei Zigaretten, zündet beide an, gibt ihr eine. SCHAUSPIELERIN

Du hast mir übrigens noch kein Wort über meine gestrige Leistung gesagt.

DICHTER

Über welche Leistung?

SCHAUSPIELERIN

Nun.

DICHTER

Ach so. Ich war nicht im Theater.

SCHAUSPIELERIN

Du beliebst wohl zu scherzen.

DICHTER

Durchaus nicht. Nachdem du vorgestern abgesagt hast, habe ich angenommen, daß du auch gestern noch nicht im Vollbesitze deiner Kräfte sein würdest und da hab’ ich lieber verzichtet.

SCHAUSPIELERIN

Du hast wohl viel versäumt.

DICHTER

So.

SCHAUSPIELERIN

Es war sensationell. Die Menschen sind blaß geworden.

DICHTER

Hast du das deutlich bemerkt?

SCHAUSPIELERIN

Benno sagte: Kind, du hast gespielt wie eine Göttin.

DICHTER

Hm!... Und vorgestern noch so krank.

SCHAUSPIELERIN

Jawohl; ich war es auch. Und weißt du warum? Vor Sehnsucht nach dir.

DICHTER

Früher hast du mir erzählt, du wolltest mich ärgern und hast darum abgesagt.

SCHAUSPIELERIN

Aber was weißt du von meiner Liebe zu dir. Dich läßt ja alles kalt. Und ich bin schon nächtelang im Fieber gelegen. Vierzig Grad!

DICHTER

Für eine Laune ist das ziemlich hoch.

SCHAUSPIELERIN

Laune nennst du das? Ich sterbe vor Liebe zu dir und du nennst es Laune — ?!

DICHTER

Und Fritz...

SCHAUSPIELERIN

Fritz?... Rede mir nicht von diesem Galeerensträfling! —

DIE SCHAUSPIELERIN UND DER GRAF
Das Schlafzimmer der Schauspielerin. Sehr üppig eingerichtet. Es ist zwölf Uhr mittags, die Rouleaux sind noch herunter gelassen, auf dem Nachtkästchen brennt eine Kerze, die Schauspielerin liegt noch in ihrem Himmelbett. Auf der Decke liegen zahlreiche Zeitungen. Der Graf tritt ein in der Uniform eines Dragonerrittmeisters. Er bleibt an der Tür stehen. — SCHAUSPIELERIN

Ah, Herr Graf.

GRAF

Die Frau Mama hat mir erlaubt, sonst wär’ ich nicht —

SCHAUSPIELERIN

Bitte, treten Sie nur näher.

GRAF

Küß die Hand. Pardon — wenn man von der Straßen hereinkommt... ich seh’ nämlich noch rein gar nichts. So... da wären wir ja am Bett: Küß die Hand.

SCHAUSPIELERIN

Nehmen Sie Platz, Herr Graf.

GRAF

Frau Mama sagte mir, Fräulein sind unpäßlich... Wird doch hoffentlich nichts ernstes sein.

SCHAUSPIELERIN

Nichts ernstes? Ich bin dem Tode nahe gewesen!

GRAF

Um Gottes willen, wie ist denn das möglich?

SCHAUSPIELERIN

Es ist jedenfalls sehr freundlich, daß Sie sich zu mir bemühen.

GRAF

Dem Tode nahe! Und gestern abend haben Sie noch gespielt wie eine Göttin.

SCHAUSPIELERIN

Es war wohl ein großer Triumph.

GRAF

Kolossal!... Die Leute waren auch alle hingerissen. Und von mir will ich gar nicht reden.

SCHAUSPIELERIN

Ich danke für die schönen Blumen.

GRAF

Aber bitt’ Sie Fräulein.

SCHAUSPIELERIN
mit den Augen auf einen großen Blumenkorb weisend, der auf einem kleinen Tischchen auf dem Fenster steht.

Hier stehen sie.

GRAF

Sie sind gestern förmlich überschüttet worden mit Blumen und Kränzen.

SCHAUSPIELERIN

Das liegt noch alles in meiner Garderobe. Nur Ihren Korb habe ich mit nach Hause gebracht.

GRAF
küßt ihr die Hand.

Das ist lieb von Ihnen.

Schauspielerin nimmt die seine plötzlich und küßt sie.

Aber Fräulein.

SCHAUSPIELERIN

Erschrecken Sie nicht, Herr Graf, das verpflichtet Sie zu gar nichts.

GRAF

Sie sind ein sonderbares Wesen... rätselhaft könnte man fast sagen. —

Pause. SCHAUSPIELERIN

Das Fräulein Birken ist wohl leichter aufzulösen.

GRAF

Ja die kleine Birken ist kein Problem, obzwar... ich kenne sie ja auch nur oberflächlich.

SCHAUSPIELERIN

Ha!

GRAF

Sie können mir’s glauben. Aber Sie sind ein Problem. Danach hab’ ich immer Sehnsucht gehabt. Es ist mir eigentlich ein großer Genuß entgangen, dadurch, daß ich Sie gestern... das erste Mal spielen gesehen habe.

SCHAUSPIELERIN

Ist das möglich?

GRAF

Ja. Schauen Sie, Fräulein, es ist so schwer mit dem Theater. Ich bin gewöhnt, spät zu dinieren... also wenn man dann hinkommt, ist’s beste vorbei. Ist’s nicht wahr?

SCHAUSPIELERIN

So werden Sie eben von jetzt an früher essen.

GRAF

Ja, ich hab’ auch schon daran gedacht. Oder gar nicht. Es ist ja wirklich kein Vergnügen, das Dinieren.

SCHAUSPIELERIN

Was kennen Sie jugendlicher Greis eigentlich noch für ein Vergnügen?

GRAF

Das frag ich mich selber manchmal! Aber ein Greis bin ich nicht. Es muß einen anderen Grund haben.

SCHAUSPIELERIN

Glauben Sie?

GRAF

Ja. Der Lulu sagt beispielsweise, ich bin ein Philosoph. Wissen Sie, Fräulein, er meint, ich denk’ zu viel nach.

SCHAUSPIELERIN

Ja... denken, das ist das Unglück.

GRAF

Ich hab’ zu viel Zeit, drum denk’ ich nach. Bitt’ Sie, Fräulein, schauen S’, ich hab’ mir gedacht, wenn s’ mich nach Wien transferieren, wird’s besser. Da gibt’s Zerstreuung, Anregung. Aber es ist im Grund doch nicht anders als da oben.

SCHAUSPIELERIN

Wo ist denn das da oben?

GRAF

Na, da unten, wissen S’ Fräulein, in Ungarn, in

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