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Al-Hafi bleibt. 
  SECHSTER AUFTRITT
Szene: Die offene Flur in Nathans Hause, gegen die Palmen zu; wie im ersten Auftritt des ersten Aufzuges. Ein Teil der Waren und Kostbarkeiten liegt ausgekramt, deren eben daselbst gedacht wird. Nathan und Daja. DAJA
O, alles herrlich! alles auserlesen! 
O, alles — wie nur Ihr es geben könnt. 
Wo wird der Silberstoff mit goldnen Ranken 
Gemacht? Was kostet er? — Das nenn ich noch 
Ein Brautkleid! Keine Königin verlangt 
Es besser. 
  NATHAN
Brautkleid? Warum Brautkleid eben? 
  DAJA
Je nun! Ihr dachtet daran freilich nicht, 
Als Ihr ihn kauftet. — Aber wahrlich, Nathan, 
Der und kein andrer muss es sein! Er ist 
Zum Brautkleid wie bestellt. Der weiĂźe Grund: 
Ein Bild der Unschuld; und die goldnen Ströme, 
Die allerorten diesen Grund durchschlängeln: 
Ein Bild des Reichtums. Seht Ihr? Allerliebst! 
  NATHAN
Was witzelst du mir da? Von wessen Brautkleid 
Sinnbilderst du mir so gelehrt? — Bist du 
Denn Braut? 
  DAJA
Ich? 
  NATHAN
Nun wer denn? 
  DAJA
Ich? — Lieber Gott! 
  NATHAN
Wer denn? Von wessen Brautkleid sprichst du denn? 
Das alles ist ja dein, und keiner andern. 
  DAJA
Ist mein? Soll mein sein? — Ist fĂĽr Recha nicht?  
  NATHAN
Was ich fĂĽr Recha mitgebracht, das liegt 
In einem andern Ballen. Mach! nimm weg! 
Trag deine Siebensachen fort! 
  DAJA
Versucher! 
Nein, wären es die Kostbarkeiten auch 
Der ganzen Welt! Nicht rĂĽhr an! wenn Ihr mir 
Vorher nicht schwört, von dieser einzigen 
Gelegenheit, dergleichen Euch der Himmel 
Nicht zweimal schicken wird, Gebrauch zu machen. 
  NATHAN
Gebrauch? von was? — Gelegenheit? wozu? 
  DAJA
O stellt Euch nicht so fremd! — Mit kurzen Worten: 
Der Tempelherr liebt Recha; gebt sie ihm! 
So hat doch einmal Eure SĂĽnde, die 
Ich länger nicht verschweigen kann, ein Ende. 
So kommt das Mädchen wieder unter Christen; 
Wird wieder, was sie ist; ist wieder, was 
Sie war; und Ihr, Ihr habt mit all dem Guten, 
Das wir Euch nicht genug verdanken können, 
Nicht Feuerkohlen bloĂź auf Euer Haupt 
Gesammelt. 
  NATHAN
Doch die alte Leier wieder? — 
Mit einer neuen Saite nur bezogen, 
Die, fĂĽrcht ich, weder stimmt noch hält. 
  DAJA
Wieso? 
  NATHAN
Mir wär der Tempelherr schon recht. Ihm gönnt 
Ich Recha mehr als einem in der Welt. 
Allein ... Nun, habe nur Geduld. 
  DAJA
Geduld? 
Geduld, ist Eure alte Leier nun 
Wohl nicht? 
  NATHAN
Nur wenig Tage noch Geduld!... 
Sieh doch! — Wer kommt denn dort? Ein Klosterbruder? 
Geh, frag ihn, was er will. 
  DAJA
Was wird er wollen? 
Sie geht auf ihn zu und fragt. 
  NATHAN
So gib! — und eh er bittet. — (WĂĽsst ich nur 
Dem Tempelherrn erst beizukommen, ohne 
Die Ursach meiner Neugier ihm zu sagen! 
Denn wenn ich sie ihm sag, und der Verdacht 
Ist ohne Grund: so hab ich ganz umsonst 
Den Vater auf das Spiel gesetzt) — Was ist’s? 
  DAJA
Er will Euch sprechen.  
  NATHAN
Nun, so lass ihn kommen; 
Und geh indes. 
  SIEBENTER AUFTRITT
Nathan und der Klosterbruder. NATHAN
(Ich bliebe Rechas Vater 
Doch gar zu gern! — Zwar kann’ ich’s denn nicht bleiben, 
Auch wenn ich aufhör, es zu heiĂźen? — Ihr, 
Ihr selbst werd ich’s doch immer auch noch heiĂźen, 
Wenn sie erkennt, wie gern ich’s wäre.) — Geh! — 
Was ist zu Euren Diensten, frommer Bruder? 
  KLOSTERBRUDER
Nicht eben viel. — Ich freue mich, Herr Nathan, 
Euch annoch wohl zu sehn. 
  NATHAN
So kennt Ihr mich? 
  KLOSTERBRUDER
Je nun; wer kennt Euch nicht? Ihr habt so manchem 
Ja Euern Namen in die Hand gedrĂĽckt. 
Er steht in meiner auch, seit vielen Jahren. 
  NATHAN
nach seinem Beutel langend
Kommt, Bruder, kommt; ich frisch’ ihn auf.  
  KLOSTERBRUDER
Habt Dank! 
Ich wĂĽrd’ es Ă„rmern stehlen; nehme nichts. — 
Wenn Ihr mir nur erlauben wollt, ein wenig 
Euch meinen Namen aufzufrischen. Denn 
Ich kann mich rĂĽhmen, auch in Eure Hand 
Etwas gelegt zu haben, was nicht zu 
Verachten war. 
  NATHAN
Verzeiht! — Ich schäme mich — 
Sagt, was? — und nehmt zur BuĂźe siebenfach 
Den Wert desselben von mir an. 
  KLOSTERBRUDER
Hört doch 
Vor allen Dingen, wie ich selber nur 
Erst heut’ an dies mein Euch vertrautes Pfand 
Erinnert worden.  
  NATHAN
Mir vertrautes Pfand? 
  KLOSTERBRUDER
Vor Kurzem saĂź ich noch als Eremit 
Auf Quarantana, unweit Jericho. 
Da kam arabisch Raubgesindel, brach 
Mein Gotteshäuschen ab, und meine Zelle, 
Und schleppte mich mit fort. Zum GlĂĽck entkam 
Ich noch, und floh hierher zum Patriarchen, 
Um mir ein ander Plätzchen auszubitten, 
Allwo ich meinem Gott in Einsamkeit 
Bis an mein selig Ende dienen könne. 
  NATHAN
Ich steh auf Kohlen, guter Bruder. Macht 
Es kurz. Das Pfand! das mir vertraute Pfand! 
  KLOSTERBRUDER
Sogleich, Herr Nathan. — Nun, der Patriarch 
Versprach mir eine Siedelei auf Tabor, 
Sobald als eine leer; und hieĂź inzwischen 
Im Kloster mich als Laienbruder bleiben. 
Da bin ich jetzt, Herr Nathan; und verlange 
Des Tags wohl hundertmal auf Tabor. Denn 
Der Patriarch braucht mich zu allerlei, 
Wovor ich groĂźen Ekel habe. Zum 
Exempel: 
  NATHAN
Macht, ich bitt Euch! 
  KLOSTERBRUDER
Nun, es kommt! — 
Da hat ihm jemand heut ins Ohr gesetzt: 
Es lebe hierherum ein Jude, der 
Ein Christenkind als seine Tochter sich 
Erzöge. 
  NATHAN (betroffen)
Wie? 
  KLOSTERBRUDER
Hört mich nur aus! — Indem 
Er mir nun aufträgt, diesem Juden stracks, 
Wo möglich, auf die Spur zu kommen, und 
Gewaltig sich ob eines solchen Frevels 
ErzĂĽrnt, der ihm die wahre SĂĽnde wider 
Den heiligen Geist bedĂĽnkt; — das ist, die SĂĽnde, 
Die aller SĂĽnden größte SĂĽnd’ uns gilt; 
Nur dass wir, Gott sei Dank, so recht nicht wissen, 
Worin sie eigentlich besteht: — da wacht 
Mit einmal mein Gewissen auf; und mir 
Fällt bei, ich könnte selber wohl vor Zeiten 
Zu dieser unverzeihlich groĂźen SĂĽnde 
Gelegenheit gegeben haben. — Sagt: 
Hat Euch ein Reitknecht nicht vor achtzehn Jahren 
Ein Töchterchen gebracht von wenig Wochen? 
  NATHAN
Wie das? — Nun freilich — allerdings —  
  KLOSTERBRUDER
Ei, seht 
Mich doch recht an! — Der Reitknecht, der bin ich! 
  NATHAN
Seid Ihr?  
  KLOSTERBRUDER
Der Herr, von welchem ich’s Euch brachte, 
War — ist mir recht — ein Herr von Filneck. — Wolf 
Von Filneck.  
  NATHAN
Richtig! 
  KLOSTERBRUDER
Weil die Mutter kurz 
Vorher gestorben war, und sich der Vater 
Nach — mein ich — Gazza plötzlich werfen musste, 
Wohin das WĂĽrmchen ihm nicht folgen konnte, 
So sandt er’s Euch. Und traf ich Euch damit 
Nicht in Darun? 
  NATHAN
Ganz recht! 
  KLOSTERBRUDER
Es wär kein Wunder, 
Wenn mein Gedächtnis mich betrög’. Ich habe 
Der braven Herrn so viel gehabt; und diesem 
Hab ich nur gar zu kurze Zeit gedient. 
Er blieb bald drauf bei Askalon; und war 
Wohl sonst ein lieber Herr. 
  NATHAN
Jawohl! jawohl! 
Dem ich so viel, so viel zu danken habe! 
Der mehr als einmal mich dem Schwert entrissen! 
  KLOSTERBRUDER
O schön! So werd’t Ihr seines Töchterchens 
Euch um so lieber angenommen haben. 
  NATHAN
Das könnt Ihr denken.  
  KLOSTERBRUDER
Nun, wo ist es denn? 
Es ist doch wohl nicht etwa gar gestorben? — 
Lasst’s lieber nicht gestorben sein! — Wenn sonst 
Nur niemand um die Sache weiĂź, so hat 
Es gute Wege. 
  NATHAN
Hat es? 
  KLOSTERBRUDER
Traut mir, Nathan! 
Denn seht, ich denke so! Wenn an das Gute, 
Das ich zu tun vermeine, gar zu nah 
Was gar zu Schlimmes grenzt, so tu ich lieber 
Das Gute nicht; weil wir das Schlimme zwar 
So ziemlich zuverlässig kennen, aber 
Bei weitem nicht das Gute. — War ja wohl 
NatĂĽrlich; wenn das Christentöchterchen 
Recht gut von Euch erzogen werden sollte, 
dass Ihr’s als Euer eigen Töchterchen 
Erzögt. — Das hättet Ihr mit aller Lieb’ 
Und Treue nun getan, und mĂĽĂźtet so 
Belohnet werden? Das will mir nicht ein. 
Ei freilich, klĂĽger hättet Ihr getan, 
Wenn Ihr die Christin durch die zweite Hand 
Als Christin auferziehen lassen: aber 
So hättet Ihr das Kindchen Eures Freunds 
Auch nicht geliebt. Und Kinder brauchen Liebe, 
Wär’s eines wilden Tieres Lieb’ auch nur, 
In solchen Jahren mehr als Christentum. 
Zum Christentume hat’s noch immer Zeit. 
Wenn nur das Mädchen sonst gesund und fromm 
Vor Euern Augen aufgewachsen ist, 
So blieb’s vor Gottes Augen, was es war. 
Und ist denn nicht das ganze Christentum 
Aufs Judentum gebaut? Es hat mich oft 
Geärgert, hat mir Tränen g’nug gekostet, 
Wenn Christen gar so sehr vergessen konnten, 
dass unser Herr ja selbst ein Jude war. 
  NATHAN
Ihr, guter Bruder, mĂĽsst mein FĂĽrsprach sein, 
Wenn Hass und Gleisnerei sich gegen mich 
Erheben sollten — wegen einer Tat — 
Ah, wegen einer Tat! — Nur Ihr, Ihr sollt 
Sie wissen! Nehmt sie aber mit ins Grab! 
Noch hat mich nie die Eitelkeit versucht, 
Sie jemand anderm zu erzählen. Euch 
Allein erzähl ich sie. Der frommen Einfalt 
Allein erzähl ich sie. Weil die allein 
Versteht, was sich der gottergebne Mensch 
FĂĽr Taten abgewinnen kann. 
  KLOSTERBRUDER
Ihr seid 
GerĂĽhrt, und Euer Auge steht voll Wasser?  
  NATHAN
Ihr traft mich mit dem Kinde zu Darun. 
Ihr wisst wohl aber nicht, dass wenig Tage 
Zuvor, in Gath die Christen alle Juden 
Mit Weib und Kind ermordet hatten; wisst 
Wohl nicht, dass unter diesen meine Frau 
Mit sieben hoffnungsvollen Söhnen sich 
Befunden, die in meines Bruders Hause, 
Zu dem ich sie geflĂĽchtet, insgesamt 
Verbrennen mĂĽssen. 
  KLOSTERBRUDER
Allgerechter! 
  NATHAN
Als 
Ihr kamt, hatt ich drei Tag’ und Nächt’ in Asch’ 
Und Staub vor Gott gelegen, und geweint. — 
Geweint? Beiher mit Gott auch wohl gerechtet, 
GezĂĽrnt, getobt, mich und die Welt verwĂĽnscht: 
Der Christenheit den unversöhnlichsten 
Hass zugeschworen — 
  KLOSTERBRUDER
Ach! Ich glaub’s Euch wohl! 
  NATHAN
Doch nun kam die Vernunft allmählich wieder. 
Sie sprach mit sanfter Stimm’: „Und doch ist Gott! 
Doch war auch Gottes Ratschluss das! Wohlan! 
Komm! ĂĽbe, was du längst begriffen hast; 
Was sicherlich zu ĂĽben schwerer nicht, 
Als zu begreifen ist, wenn du nur willst. 
Steh auf!” Ich stand und rief zu Gott: ich will! 
Willst du nur, dass ich will! — Indem stiegt Ihr 
Vom Pferd’, und ĂĽberreichtet mir das Kind, 
ln Euerm Mantel eingehĂĽllt. — Was Ihr 
Mir damals sagtet, was ich Euch: hab ich 
Vergessen. So viel weiĂź ich nur: ich nahm 
Das Kind, trug’s auf mein Lager, kĂĽsst es, warf 
Mich auf die Knie und schluchzte: Gott! auf Sieben 
Doch nun schon Eines wieder! 
  KLOSTERBRUDER
Nathan! Nathan! 
Ihr seid ein Christ! — Bei Gott, Ihr seid ein Christ! 
Ein bessrer Christ war nie! 
  NATHAN
Wohl uns! Denn was 
Mich Euch zum Christen macht, das macht Euch mir 
Zum Juden! — Aber lasst uns länger nicht 
Einander nur erweichen. Hier braucht’s Tat! 
Und ob mich siebenfache Liebe schon 
Bald an dies einz’ge fremde Mädchen band; 
Ob der Gedanke mich schon tötet, dass 
Ich meine sieben Söhn’ in
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