Iphigenie auf Tauris - Johann Wolfgang von Goethe (biblioteka na zamówienie .txt) 📖
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- Autor: Johann Wolfgang von Goethe
- Epoka: Romantyzm
- Rodzaj: Dramat
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töte mich zuerst!
Denn nun empfind ich, da uns keine Rettung
Mehr übrig bleibt, die gräßliche Gefahr,
Worein ich die Geliebten übereilt
Vorsetzlich stürzte. Weh! ich werde sie
Gebunden vor mir sehn! Mit welchen Blicken
Kann ich von meinem Bruder Abschied nehmen,
Den ich ermorde? Nimmer kann ich ihm
Mehr in die vielgeliebten Augen schaun!
THOAS
So haben die Betrüger künstlich-dichtend
Der lang Verschlossnen, ihre Wünsche leicht
Und willig Glaubenden, ein solch Gespinnst
Ums Haupt geworfen!
IPHIGENIE
Nein! o König, nein!
Ich könnte hintergangen werden; diese
Sind treu und wahr. Wirst du sie anders finden,
So laß sie fallen und verstoße mich,
Verbanne mich zur Strafe meiner Torheit
An einer Klippen-Insel traurig Ufer.
Ist aber dieser Mann der lang erflehte,
Geliebte Bruder: so entlaß uns, sei
Auch den Geschwistern wie der Schwester freundlich!
Mein Vater fiel durch seiner Frauen Schuld,
Und sie durch ihren Sohn. Die letzte Hoffnung
Von Atreus Stamme ruht auf ihm allein.
Laß mich mit reinem Herzen, reiner Hand,
Hinübergehn und unser Haus entsühnen.
Du hältst mir Wort! — Wenn zu den Meinen je
Mir Rückkehr zubereitet wäre, schwurst
Du mich zu lassen; und sie ist es nun.
Ein König sagt nicht, wie gemeine Menschen,
Verlegen zu, daß er den Bittenden
Auf einen Augenblick entferne; noch
Verspricht er auf den Fall, den er nicht hofft:
Dann fühlt er erst die Höhe seiner Würde,
Wenn er den Harrenden beglücken kann.
THOAS
Unwillig, wie sich Feuer gegen Wasser
Im Kampfe wehrt und gischend seinen Feind
Zu Tilgen sucht, so wehret sich der Zorn
In meinem Busen gegen deine Worte.
IPHIGENIE
O laß die Gnade, wie das heil’ge Licht
Der stillen Opferflamme, mir, umkränzt
Von Lobgesang und Dank und Freude, lodern.
THOAS
Wie oft besänftigte mich diese Stimme!
IPHIGENIE
O reiche mir die Hand zum Friedenszeichen.
THOAS
Du forderst viel in einer kurzen Zeit.
IPHIGENIE
Um Guts zu thun braucht’s keiner Überlegung.
THOAS
Sehr viel! denn auch dem Guten folgt das Übel.
IPHIGENIE
Der Zweifel ist’s, der Gutes böse macht.
Bedenke nicht; gewähre, wie du’s fühlst.
VIERTER AUFTRITT
Orest gewaffnet. Die Vorigen.
OREST
nach der Szene gekehrt.
Verdoppelt eure Kräfte! Haltet sie
Zurück! nur wenig Augenblicke! Weicht
Der Menge nicht, und deckt den Weg zum Schiffe
Mir und der Schwester.
Zu Iphigenien ohne den König zu sehen.
Komm, wir sind verraten.
Geringer Raum bleibt uns zur Flucht. Geschwind!
Er erblickt den König.
THOAS
nach dem Schwerte greifend.
In meiner Gegenwart führt ungestraft
Kein Mann das nackte Schwert.
IPHIGENIE
Entheiliget
Der Göttin Wohnung nicht durch Wut und Mord.
Gebietet euerm Volke Stillstand, höret
Die Priesterin, die Schwester.
OREST
Sage mir!
Wer ist es, der uns droht?
IPHIGENIE
Verehr in ihm
Den König, der mein zweiter Vater ward!
Verzeih mir, Bruder! doch mein kindlich Herz
Hat unser ganz Geschick in seine Hand
Gelegt. Gestanden hab ich euern Anschlag
Und meine Seele vom Verrat gerettet.
OREST
Will er die Rückkehr friedlich uns gewähren?
IPHIGENIE
Dein blinkend Schwert verbietet mir die Antwort.
OREST
der das Schwert einsteckt.
So sprich! Du siehst, ich horche deinen Worten.
FÜNFTER AUFTRITT
Die Vorigen. Pylades. Bald nach ihm Arkas, beide mit bloßen Schwertern.
PYLADES
Verweilet nicht! Die letzte Kräfte raffen
Die Unsrigen zusammen; weichend werden
Sie nach der See langsam zurückgedrängt.
Welch ein Gespräch der Fürsten find ich hier!
Dies ist des Königes verehrtes Haupt!
ARKAS
Gelassen, wie es dir, o König, ziemt,
Stehst du den Feinden gegenüber. Gleich
Ist die Verwegenheit bestraft; es weicht
Und fällt ihr Anhang, und ihr Schiff ist unser.
Ein Wort von dir, so steht’s in Flammen.
THOAS
Geh!
Gebiete Stillstand meinem Volke! keiner
Beschädige den Feind, so lang wir reden.
Arkas ab.
OREST
Ich nehm es an. Geh, sammle, treuer Freund,
Den Rest des Volkes; harret still, welch Ende
Die Götter unsern Taten zubereiten.
Pylades ab.
SECHSTER AUFTRITT
Iphigenie. Thoas. Orest.
IPHIGENIE
Befreit von Sorge mich, eh ihr zu sprechen
Beginnet. Ich befürchte bösen Zwist,
Wenn du, o König, nicht der Billigkeit
Gelinde Stimme hörest; du, mein Bruder,
Der raschen Jugend nicht gebieten willst.
THOAS
Ich halte meinen Zorn, wie es dem Ältern
Geziemt, zurück. Antworte mir! Womit
Bezeugst du, daß du Agamemnons Sohn
Und Dieser Bruder bist?
OREST
Hier ist das Schwert,
Mit dem er Trojas tapfre Männer schlug.
Dies nahm ich seinem Mörder ab und bat
Die Himmlischen, den Mut und Arm, das Glück
Des großen Königes mir zu verleihn,
Und einen schönern Tod mir zu gewähren.
Wähl einen aus den Edeln deines Heers
Und stelle mir den Besten gegenüber.
So weit die Erde Heldensöhne nährt,
Ist keinem Fremdling dies Gesuch verweigert.
THOAS
Dies Vorrecht hat die alte Sitte nie
Dem Fremden hier gestattet.
OREST
So beginne
Die neue Sitte denn von dir und mir!
Nachahmend heiliget ein ganzes Volk
Die edle Tat der Herrscher zum Gesetz.
Und laß mich nicht allein für unsre Freiheit,
Laß mich, den Fremden, für die Fremden kämpfen.
Fall ich, so ist ihr Urteil mit dem meinen
Gesprochen; aber gönnet mir das Glück,
Zu überwinden, so betrete nie
Ein Mann dies Ufer, dem der schnelle Blick
Hülfreicher Liebe nicht begegnet, und
Getröstet scheide jeglicher hinweg!
THOAS
Nicht unwert scheinest du, o Jüngling, mir
Der Ahnherrn, deren du dich rühmst, zu sein.
Groß ist die Zahl der edeln, tapfern Männer,
Die mich begleiten; doch ich stehe selbst
In meinen Jahren noch dem Feinde, bin
Bereit, mit dir der Waffen Los zu wagen.
IPHIGENIE
Mit nichten! Dieses blutigen Beweises
Bedarf es nicht, o König! Laßt die Hand
Vom Schwerte! Denkt an mich und mein Geschick.
Der rasche Kampf verewigt einen Mann:
Er falle gleich, so preiset ihn das Lied.
Allein die Tränen, die unendlichen
Der überbliebnen, der verlassnen Frau
Zählt keine Nachwelt, und der Dichter schweigt
Von tausend durchgeweinten Tag– und Nächten,
Wo eine stille Seele den verlornen,
Rasch abgeschiednen Freund vergebens sich
Zurückzurufen bangt und sich verzehrt.
Mich selbst hat eine Sorge gleich gewarnt,
Daß der Betrug nicht eines Räubers mich
Vom sichern Schutzort reiße, mich der Knechtschaft
Verrate. Fleißig hab ich sie befragt,
Nach jedem Umstand mich erkundigt, Zeichen
Gefordert, und gewiß ist nun mein Herz.
Sieh hier an seiner rechten Hand das Mahl
Wie von drei Sternen, das am Tage schon,
Da er geboren ward, sich zeigte, das
Auf schwere Tat, mit dieser Faust zu üben,
Der Priester deutete. Dann überzeugt
Mich doppelt diese Schramme, die ihm hier
Die Augenbraune spaltet. Als ein Kind
Ließ ihn Elektra, rasch und unvorsichtig
Nach ihrer Art, aus ihren Armen stürzen.
Er schlug auf einen Dreifuß auf — Er ist’s —