Die Warschauerin - Stanisław Wyspiański (książki naukowe online za darmo .txt) 📖
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- Autor: Stanisław Wyspiański
- Epoka: Modernizm
- Rodzaj: Dramat
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kennen lernen muss?
Sie, deren Lippen Ruhmeslieder singen
Von unsrer Größe und die doch zuletzt
Von heisren Flüchen werden widerklingen? —
O Tod! Du unsrer Jugend Blüte grauser Schnitter.
ANNA
spielt indessen den Kehrreim des Liedes.
DER POET
nähert sich dem Spinett, lehnt sich mit Pose an, indem er den Takt angibt; allgemeine Unterhaltung
Lied
„Polen, auf zu neuem Leben!
Auf zur Freiheit, Polens Sohn!
Dieses Feldrufs hohes Streben
Straf der Feinde frechen Hohn!”
Während des Gesanges erscheint ein Soldat, ein alter Veteran, Gemeiner von Zymirskis Division; er ist beschmutzt, durchnässt und mit Schnee bedeckt; — die Anwesenden treten zurück; ... er bleibt zwei Schritt vor dem General stehen, salutiert ... Chłopicki streckt, ohne ihn anzusehen, die Hand aus; der Soldat reicht ihm ein Schriftstück; Chłopicki liest es schweigend und übergibt es dann dem jungen Offizier, der es hinter der Uniform birgt.
Am Spinett wird jetzt die Melodie des Liedes gespielt. Chłopicki fühlt, dass sich der Soldat nicht rührt, wendet den Kopf; ... der Soldat übergibt ihm ein kleines Päckchen, ein Stückchen Band, — Chłopicki nimmt es schnell und verbirgt es in der Hand. — Der Soldat salutiert schweigend; ab.
MARIA
hat alle Bewegungen des Generals verfolgt
Er erbleicht, — runzelt die Stirn, — das kleine Päckchen...,
Der Soldat überbringt den Rapport ... alles stimmt. — Der Bericht. —
Ja. — Ah! Welch furchtbarer Schmerz verzerrt sein Gesicht —
Es ist das Regiment, dem er diente — die Uniform, die er trug ...
Trug ... ? Gott! Was denk ich? — Da sind Flecken ... Blut —
Das Päckchen gerötet, — das Band war weiß.
Gott, — ist weiß! — Was hab ich Unglückselige gedacht —?
CHŁOPICKI
verbirgt das Päckchen an der Brust, zum Offizier
Sie wissen alles. — Nicht ein Wort. — Habt acht
Auf unsre Damen.
ANNA
zu Maria
Du singst nicht mehr, Maria, du bist bleich.
MARIA
halblaut
Die Saite sprang, des Liedes Worte fliehen;
Und goldne Kränze welken Blumen gleich.
SKRZYNECKl
mitten im Saal
Mir ists, als ob grad über unsern Häuptern
Im satten Klang des Liedes Riesenleiber
Wie Schlachtengötter rauschend uns umbrüllten:
„Auf in die Schlacht!” — Gesteh, mein General,
Mit Mühe nur kann man noch an sich halten
Und das bewegte Herz beruhigen.
Die Stimme, die uns ruft, weist dort hinaus,
Dort auf das blutgetränkte Feld! —
CHŁOPICKI
halblaut
Im Seherwahn besingt sie unser Unglück.
MARIA
— So wünschen Sie mein Lied, Herr General?
CHŁOPICKI
schweigt einen Augenblick, mit veränderter Stimme
— Ich bitte drum. In Ihrem Liede klingen
Gar wundersame Töne und dies Lied
Lässt längst verstummte Harmonieen schwingen. —
Die Wahrheit tritt vor meine Seele und sieht
Gespensterhaft mich an. — Ein Augenblick —
Und sie durchschaut mich ganz und sie erkennt
Ganz die Verzweiflung, die mein Herz verbrennt.
MARIA
steht, die Augen fest auf Chłopicki gerichtet
Schwester, lass klingen den Akkord, —
Er rolle fort!
CHŁOPICKI
Ein Sturmwind rauschen die Akkorde weit —
Durch Raum und Zeit.
MARIA
flüsternd
Er ist gepackt. Im Rhythmus der Musik
Beschleicht die Furcht ihn, — fliege Ton und sieg!
CHŁOPICKI
von ihrem Blick gebannt
Sie blickt mich unverwandt und prüfend an;
Kennt sie die Stürme, die mein Herz durchtoben?
MARIA
zittert am ganzen Körper; ein Nebel senkt sich vor ihre Augen
Ich sehe mehr, denn meines Glückes Tod,
Der eines Zufalls launenhaftes Spiel;
Ich seh mein eigenes Geschick mit viel
Gewaltigerem Schicksal eng verwoben.
Musik, Lied, rausche, trüb die Harmonie
Des Heldenlieds, — ich will mein Schicksal loben.
Lied
„Teures Polen, deine Kinder
Sind an ihrer Sehnsucht Ziel,
Erben jener Überwinder
Einst am Kreml, Tiber, Nil.
Zwanzig Jahre mussten siegen
ln der Ferne sie verstreut:
Mutter, die heut unterliegen,
Ruhn von deinem Schoss betreut. ”
MARIA
langsam, wie im Halbschlaf
„Mutter, die heut unterliegen,
Ruhn von deinem Schoss betreut. ”
Man hört das Hornsignal des abziehenden Heeres, alle eilen an die Fenster; einige gehen hinaus; — nur Chłopicki und Maria bleiben unbeweglich stehen.
MARIA
mit veränderter, fast männlicher Stimme
Herr General...
CHŁOPICKI
Mein Fräulein?
MARIA
Der im Herzen
Mir lieb und wert, er kommt mir doch zurück?!
CHŁOPICKI
Der Ihnen lieb und wert, mein Fräulein, ist
Soldat. — Wir haben Krieg und heute Schlacht.
MARIA
Auch nach dem Kriege braucht das Land Soldaten:
Die Scholle zu beackern, ... sorgenschwere
Künftige Zeiten heischen seine Rückkehr.
CHŁOPICKI
Gott geb es, Fräulein, ich bin selbst besorgt
Um ihn, — noch hoff ich; — und bin doch in Sorge. —
MARIA
Weil Sie sich schuldig fühlen, General.
Sie schweigen, Sie verheimlichen, Sie wagen
Es mir nicht zu gestehn. Er kehrt nicht wieder. —
Mein Gott, — Sie können es mir nicht versprechen,
Dass er zurückkommt; — und das eitle Wort:
„Vielleicht” — des Schicksals Unbeständigkeit —
Kann Sie nicht retten. Sprechen Sie! Sie fühlen,
Wie Sie vergeblich sich zur Lüge zwingen,
Da Sie ein Herz belügen müssten; das
Gleich einer wunden Taube scheu und zitternd
Sich Ihnen naht. Ich weiß, — als ob ich wüsste —
Ein furchtbar Ahnen dämmert in mir auf,
Das Ihres Herzens angstverstärkten Schlägen
Gewissheit abgelauscht hat. — Und was hilfts,
Zu überwinden sich, sich einzureden,
Die Furcht sei grundlos; — Ah! Sie wussten alles
Im voraus!! Es ist schändlich, mitleidslos
Dem sichern Tode ihn zu überliefern.
Ich seh das ganze Land in Blut ertrinken,
Durch diesen Krieg in Schmerz und Leid versinken.
Gebt acht, Herr General, euch allen winken
Die offnen Gräber dort. All euer Ruhm,
All eure Schönheit, euer Heldentum
Vergehen und verderben...
...Schrecklich Flüche bringt mein Mund hervor, —
Weit gähnt des Hades finstres Tor...
Bereitet euch zum Sterben.
CHŁOPICKI
Um Gottes willen, Fräulein, Ihres Wahnes
Entsetzlich dunkle Macht greift mir ans Herz
Und schnürt es seltsam ein.
MARIA
Ich spiel zum Sieg, und meine Worte lügen!
Sie kommen um, im Kugelregen liegen
Sie reihenweis; ich seh die Haufen stürzen:
Jetzt breit ich meine Hände über sie.
Geheimnisvolle starke Mächte biegen
Und brechen trockne Äste über ihren Reihn.
Die Winde brausen, Kugeln fliegen,
Die Kanonade dröhnt und heult
Und scharenweise die Soldaten liegen
Vom Donnerkeil des Schicksals hingemäht. —
Sie haben nun den wahren Schmerz empfunden:
Herr General! Eh noch die heutge Sonne
Den Waldabhang bescheint mit junger Glut —
Fließt durch Schneefurchen rotes Blut ...
CHŁOPICKI
betroffen
Das ist unsere Stellung, — Mädchen?
Drohend, lauter, wie um Maria zur Besinnung zurückzurufen
Mädchen!
MARIA
groß, stark und drohend, weist auf ihn
Du fürchtest wie ich; — und du warst unser Gott!
Erkenne die Hand des Verbrechers.
Erkenne die Stimme des Rächers.
Die Klage zerreißt und zerwühlt mir das Herz
Im dumpfen Erkennen der Not.
Ertrag ich des Jammers Unendlichkeit,
Die Allmacht der Klage, das bittere Leid,
Ertrag ich den reißenden Schmerz?
Mit dumpfem, gewaltigem Harfenklang
Stöhnt es und ächzt es verzweifelt und bang.
Donner, wie an des Felsens Granit
An meiner Brust zerschelle, zerbrich.
Was da geschehen wird, verkünde ich
Euch, was noch heute geschieht.
Frei war ich, trotzte den stolzesten Mächten,
Jetzt schmacht ich in dunkelster von allen Nächten.
Ich durfte befehlen, — jetzt bin ich die niedrigste
Von allen niederen Mägden.
Die kaum ganz vernarbten noch brennenden Wunden
Quellen von neuem in mir.
Kraftlos, zertreten, in Ohnmacht gebunden
Steh ich vor dir.
CHŁOPICKI
Du unglückselige Seherin!
Das Heer zieht in den Kampf, — der nahen Schlacht
Kanonendonner zittert durch die Luft.
MARIA