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mich durch dich zum Bösen verlockt! — Kann die grüne Schlange nicht mein werden, so will ich untergehen in Sehnsucht und Schmerz! — Hebe dich weg — hebe dich weg — du schnöder Wechselbalg!” — Da lachte die Alte auf, dass es im Zimmer gellte, und rief: „So sitze denn und verderbe, aber nun ist’s Zeit ans Werk zu gehen, denn mein Geschäft hier ist noch von anderer Art.” — Sie warf den schwarzen Mantel ab und stand da in ekelhafter Nacktheit, dann fuhr sie in Kreisen umher, und große Folianten stürzten herab, aus denen riss sie Pergamentblätter, und diese im künstlichen Gefüge schnell zusammenheftend und auf den Leib ziehend, war sie bald wie in einen seltsamen bunten Schuppenharnisch gekleidet. Feuersprühend sprang der schwarze Kater aus dem Tintenfasse, das auf dem Schreibtische stand, und heulte der Alten entgegen, die laut aufjubelte und mit ihm durch die Tür verschwand. Anselmus merkte, dass sie nach dem blauen Zimmer gegangen, und bald hörte er es in der Ferne zischen und brausen, die Vögel im Garten schrien, der Papagei schnarrte: „Rette — rette — Raub — Raub!” — In dem Augenblick kam die Alte ins Zimmer zurückgesprungen, den goldnen Topf auf dem Arm tragend und mit grässlicher Gebärde wild durch die Lüfte schreiend: „Glück auf! — Glück auf! — Söhnlein — töte die grüne Schlange! auf, Söhnlein, auf!” — Es war dem Anselmus, als höre er ein tiefes Stöhnen, als höre er Serpentinas Stimme. Da ergriff ihn Entsetzen und Verzweiflung. — Er raffte alle seine Kraft zusammen, er stieß mit Gewalt, als sollten Nerven und Adern zerspringen, gegen das Kristall — ein schneidender Klang fuhr durch das Zimmer und der Archivarius stand in der Tür in seinem glänzenden damastnen Schlafrock: „Hei, hei! Gesindel, toller Spuk — Hexenwerk — hieher — heisa!” So schrie er. Da richteten sich die schwarzen Haare der Alten wie Borsten empor, ihre glutroten Augen erglänzten von höllischem Feuer, und die spitzigen Zähne des weiten Rachens zusammenbeißend zischte sie: „Frisch — frisch ’raus — zisch aus, zisch aus”, und lachte und meckerte höhnend und spottend, und drückte den goldnen Topf fest an sich und warf daraus Fäuste voll glänzender Erde auf den Archivarius, aber so wie die Erde den Schlafrock berührte, wurden Blumen daraus, die herabfielen. Da flackerten und flammten die Lilien des Schlafrocks empor, und der Archivarius schleuderte die in knisterndem Feuer brennenden Lilien auf die Hexe, die vor Schmerz heulte; aber indem sie in die Höhe sprang und den pergamentnen Harnisch schüttelte, verlöschten die Lilien und zerfielen in Asche. „Frisch darauf, mein Junge!”, kreischte die Alte, da fuhr der Kater auf in die Luft und brauste fort nach der Tür über den Archivarius, aber der graue Papagei flatterte ihm entgegen und fasste ihn mit dem krummen Schnabel im Genick, dass rotes feuriges Blut ihm aus dem Halse stürzte, und Serpentina’s Stimme rief: „Gerettet! — gerettet!” — Die Alte sprang voller Wut und Verzweiflung auf den Archivarius los, sie warf den Topf hinter sich und wollte die langen Finger der dürren Fäuste emporspreizend den Archivarius umkrallen, aber dieser riss schnell den Schlafrock herunter und schleuderte ihn der Alten entgegen. Da zischten und sprühten und brausten blaue knisternde Flammen aus den Pergamentblättern, und die Alte wälzte sich im heulenden Jammer und trachtete immer mehr Erde aus dem Topfe zu greifen, immer mehr Pergamentblätter aus den Büchern zu erhaschen, um die lodernden Flammen zu ersticken, und wenn ihr es gelang, Erde oder Pergamentblätter auf sich zu stürzen, verlöschte das Feuer. Aber nun fuhren wie aus dem Innern des Archivarius flackernde zischende Strahlen auf die Alte. „Hei, hei! drauf und dran — Sieg dem Salamander!”, dröhnte die Stimme des Archivarius durch das Zimmer, und hundert Blitze schlängelten sich in feurigen Kreisen um die kreischende Alte. Sausend und brausend fuhren in wütendem Kampfe Kater und Papagei umher, aber endlich schlug der Papagei mit den starken Fittigen den Kater zu Boden, und mit den Krallen ihn durchspießend und festhaltend, dass er in der Todesnot grässlich heulte und ächzte, hackte er ihm mit dem scharfen Schnabel die glühenden Augen aus, dass der brennende Gischt herausspritzte. — Dicker Qualm strömte da empor, wo die Alte zur Erde niedergestürzt unter dem Schlafrock gelegen, ihr Geheul, ihr entsetzliches schneidendes Jammergeschrei verhallte in weiter Ferne. Der Rauch, der sich mit durchdringendem Gestank verbreitet, verdampfte, der Archivarius hob den Schlafrock auf und unter demselben lag eine garstige Runkelrübe. „Verehrter Herr Archivarius, hier bringe ich den überwundenen Feind”, sprach der Papagei, indem er dem Archivarius Lindhorst ein schwarzes Haar im Schnabel darreichte. „Sehr gut, mein Lieber”, antwortete der Archivarius, „hier liegt auch meine überwundene Feindin, besorgen Sie gütigst nunmehr das Übrige; noch heute erhalten Sie als ein kleines Douceur30 sechs Kokusnüsse und eine neue Brille, da, wie ich sehe, der Kater Ihnen die Gläser schändlich zerbrochen.” „Lebenslang der Ihrige, verehrungswürdiger Freund und Gönner!”, versetzte der Papagei sehr vergnügt, nahm die Runkelrübe in den Schnabel und flatterte damit zum Fenster hinaus, das ihm der Archivarius Lindhorst geöffnet. Dieser ergriff den goldnen Topf und rief stark: „Serpentina, Serpentina!” — Aber wie nun der Student Anselmus hoch erfreut über den Untergang des schnöden Weibes, das ihn ins Verderben gestürzt, den Archivarius anblickte, da war es wieder die hohe majestätische Gestalt des Geisterfürsten, die mit unbeschreiblicher Anmut und Würde zu ihm hinaufschaute. — „Anselmus”, sprach der Geisterfürst, „nicht du, sondern nur ein feindliches Prinzip, das zerstörend in dein Inneres zu dringen und dich mit dir selbst zu entzweien trachtete, war Schuld an deinem Unglauben. — Du hast deine Treue bewährt, sei frei und glücklich.” Ein Blitz zuckte durch das Innere des Anselmus, der herrliche Dreiklang der Kristallglocken ertönte stärker und mächtiger, als er ihn je vernommen — seine Fibern und Nerven erbebten — aber immer mehr anschwellend dröhnte der Akkord durch das Zimmer, das Glas, welches den Anselmus umschlossen, zersprang und er stürzte in die Arme der holden lieblichen Serpentina.
Eilfte Vigilie

Des Konrektors Paulmann Unwille über die in seiner Familie ausgebrochene Tollheit. — Wie der Registrator Heerbrand Hofrat worden, und im stärksten Froste in Schuhen und seidenen Strümpfen einherging. — Veronikas Geständnisse. — Verlobung bei der dampfenden Suppenschüssel.

„Aber sagen Sie mir nur, wertester Registrator! wie uns gestern der vermaledeite Punsch so in den Kopf steigen und zu allerlei Allotriis treiben konnte?” — Dies sprach der Konrektor Paulmann, indem er am andern Morgen in das Zimmer trat, das noch voll zerbrochener Scherben lag, und in dessen Mitte die unglĂĽckliche PerĂĽcke in ihre ursprĂĽngliche Bestandteile aufgelöset im Punsche umherschwamm. Als der Student Anselmus zur TĂĽr hinausgerannt war, kreuzten und wackelten der Konrektor Paulmann und der Registrator Heerbrand durch das Zimmer, schreiend wie Besessene und mit den Köpfen aneinander rennend, bis Fränzchen den schwindligten Papa mit vieler MĂĽhe ins Bett brachte und der Registrator in höchster Ermattung aufs Sofa sank, welches Veronika, ins Schlafzimmer flĂĽchtend, verlassen. Der Registrator Heerbrand hatte sein blaues Schnupftuch um den Kopf gewickelt, sah ganz blass und melancholisch aus und stöhnte: „Ach, werter Konrektor, nicht der Punsch, den Mamsell Veronika köstlich bereitet, nein! — sondern lediglich der verdammte Student ist an all dem Unwesen schuld. Merken Sie denn nicht, dass er schon längst mente captus31 ist? Aber wissen Sie denn nicht auch, dass der Wahnsinn ansteckt? — Ein Narr macht viele; verzeihen Sie, das ist ein altes Sprichwort; vorzĂĽglich, wenn man ein Gläschen getrunken, da gerät man leicht in die Tollheit und manövriert unwillkĂĽrlich nach und bricht aus in die Exerzitia, die der verrĂĽckte FlĂĽgelmann vormacht. Glauben Sie denn, Konrektor! dass mir noch ganz schwindlig ist, wenn ich an den grauen Papagei denke?” — „Ach was”, fiel der Konrektor ein, „Possen! — es war ja der alte kleine Famulus des Archivarii, der einen grauen Mantel umgenommen und den Studenten Anselmus suchte.” „Es kann sein”, versetzte der Registrator Heerbrand, „aber ich muss gestehen, dass mir ganz miserabel zumute ist; die ganze Nacht ĂĽber hat es so wunderlich georgelt und gepfiffen.” — „Das war ich“, erwiderte der Konrektor; „denn ich schnarche stark.” — „Nun, mag das sein”, fuhr der Registrator fort — „aber Konrektor, Konrektor! — nicht ohne Ursache hatte ich gestern dafĂĽr gesorgt uns einige Fröhlichkeit zu bereiten — aber der Anselmus hat mir alles verdorben. — Sie wissen nicht — o Konrektor, Konrektor!” — Der Registrator Heerbrand sprang auf, riss das Tuch vom Kopfe, umarmte den Konrektor, drĂĽckte ihm feurig die Hand, rief noch einmal ganz herzbrechend: „O Konrektor, Konrektor!” und rannte Hut und Stock ergreifend schnell von dannen. „Der Anselmus soll mir nicht mehr ĂĽber die Schwelle”, sprach der Konrektor Paulmann zu sich selbst, „denn ich sehe nun wohl, dass er mit seinem verstockten innern Wahnsinn die besten Leute um ihr bisschen Vernunft bringt; der Registrator ist nun auch geliefert — ich habe mich bisher noch gehalten, aber der Teufel, der gestern im Rausch stark anklopfte, könnte doch wohl am Ende einbrechen und sein Spiel treiben. — Also abage Satanas32! — fort mit dem Anselmus!” — Veronika war ganz tiefsinnig geworden, sie sprach kein Wort, lächelte nur zuweilen ganz seltsam und war am liebsten allein. „Die hat der Anselmus auch auf der Seele”, sagte der Konrektor voller Bosheit, „aber es ist gut, dass er sich gar nicht sehen lässt, ich weiĂź, dass er sich vor mir fĂĽrchtet — der Anselmus, deshalb kommt er gar nicht her.” Das Letzte sprach der Konrektor Paulmann ganz laut, da stĂĽrzten der Veronika, die eben gegenwärtig, die Tränen aus den Augen und sie seufzte: „Ach, kann denn der Anselmus herkommen? der ist ja schon längst in die gläserne Flasche eingesperrt.” — „Wie — was?” — rief der Konrektor Paulmann. „Ach Gott — ach Gott, auch sie faselt schon wie der Registrator, es wird bald zum Ausbruch kommen. — Ach du verdammter, abscheulicher Anselmus!” — Er rannte gleich fort zum Doktor Eckstein, der lächelte und sagte wieder: „Ei, Ei!” — Er verschrieb aber nichts, sondern setzte dem Wenigen, was er geäuĂźert, noch weggehend hinzu: „Nervenzufälle! — wird sich geben von selbst — in die Luft fĂĽhren — spazieren fahren — sich zerstreuen — Theater — Sonntagskind — Schwestern von Prag33 — wird sich geben!” — „So beredt war der Doktor selten”, dachte der Konrektor Paulmann, „ordentlich geschwätzig.” — Mehrere Tage und Wochen und Monate waren vergangen, der Anselmus war verschwunden, aber auch der Registrator Heerbrand lieĂź sich nicht sehen, bis am vierten Februar, da trat er in einem neuen modernen Kleide vom besten Tuch, in Schuhen und seidenen StrĂĽmpfen, des starken Frostes unerachtet, einen groĂźen StrauĂź lebendiger Blumen in der Hand, Mittags Punkt zwölf Uhr in das Zimmer des Konrektors Paulmann, der nicht wenig ĂĽber seinen geputzten Freund erstaunte. Feierlich schritt der Registrator Heerbrand auf den Konrektor Paulmann los, umarmte ihn mit feinem Anstande und sprach dann: „Heute an dem Namenstage Ihrer lieben verehrten Mamsell Tochter Veronika, will ich denn nun alles gerade heraus sagen, was mir längst auf dem Herzen gelegen! Damals, an dem unglĂĽcklichen Abend, als ich die Ingredienzen zu dem verderblichen Punsch in der Tasche meines Matins herbeitrug, hatte ich es im Sinn, eine freudige Nachricht Ihnen mitzuteilen und den glĂĽckseligen Tag in Fröhlichkeit zu feiern, schon damals hatte ich es erfahren, dass ich Hofrat worden, ĂĽber welche Standeserhöhung ich jetzt das Patent cum nomine et sigillo principis34 erhalten und in der Tasche trage.” — „Ach, ach! Herr Registr— Herr Hofrat Heerbrand, wollte ich sagen”, stammelte der Konrektor. — „Aber Sie, verehrter Konrektor”, fuhr der nunmehrige Hofrat Heerbrand fort, „Sie können erst mein GlĂĽck vollenden. Schon längst habe ich die Mamsell Veronika im Stillen geliebt und kann mich manches freundlichen Blickes rĂĽhmen, den sie mir zugeworfen, und der mir deutlich gezeigt, dass sie mir wohl nicht abhold sein dĂĽrfte. Kurz, verehrter Konrektor! — ich, der Hofrat Heerbrand, bitte um die Hand Ihrer liebenswĂĽrdigen Demoiselle Tochter Veronika, die ich, haben Sie nichts dagegen, in kurzer Zeit heimzufĂĽhren gedenke.” — Der Konrektor Paulmann schlug voller Verwunderung die Hände zusammen und rief: „Ei — Ei — Ei — Herr Registr— Herr Hofrat, wollte ich sagen,

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