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class="verse">Und da der Schlaf bestürzt aus glüh’nden Augen war entflohen, 
So ward es ihm beklommen bang in dem Gemach, dem hohen; 
Das schmale Fenster öffnet’ er, und seine Augen starrten, 
Hin auf die Reis’gen, reich an Zahl, die wehenden Standarten, 
Die jetzt zum Strauße einberufen hier versammelt waren; 
Er lauschte dann dem Kriegslärm und den weckenden Fanfaren. 
Die flinken Pferde schnauben, Waffen klirren rege drein; 
Vor Kampfeslust erbrausts in der Husaren dichten Reih’n. 
Für sie entsteigt dem Rosenbett am Horizont die Sonne 
Und bringt mit ihrer goldnen Haare Glanz wohl eitel Wonne, 
Hebt ihre lichte Stirn und schauet mit dem ersten Strahl 
Des Auges staunend ihrer Reize Bild im blanken Stahl; 
Für sie nur haucht der duft’ge Zephyr seines Atems Frische 
Ins Haar der jungen Mädchen, in der Ritter Federbüsche; 
Für sie die Vöglein zwitschern muntern, wundersüßen Sang, 
Der tiefempfunden taubenetzten Schnäbeln sich entrang — 
Ihm galt es nicht! er mochte nicht verweilen bei der Schau: — 
Die finstere Gestalt entschwand in Schlosses Dämmergrau, 
Gleich jenen Schreckgespenstern, die, wie’s unsrer Furcht wohl däucht, 
In schlafberaubter Nacht erstehn und die der Morgen scheucht. 
  7.
Man gab das Zeichen: die Trompeten schmettern, Hufe schellen; 
Der treue Reitersmann, er schließt dem tapfern Kriegsgesellen 
Sich wie sein Schatten an; so stürzen, rasselnd im Gedränge, — 
Sie mit behender Schwenkung durch des goth’schen Tores Enge. 
Im langen Echo dröhnt es zitternd an der Wölbung Bogen, 
Bis auf dem weichem Grund mit leichtem Tritt die Hufe flogen; 
Und leiser, leiser rauschts und schwächer schon, wie fernes Summen, 
Ein dumpfer Schall erreicht das Ohr und flieht, um zu verstummen: 
Jetzt erst, auf freiem Feld, als ihren Lichtkreis schon die Sonne 
Weithin entströmen ließ, da schwärmen sie in heitrer Wonne 
Und baden sich wie Adler in des Lichts lebend’gen Bächen, 
Eh mit den bunten Fahnen sie sich Bahn zum Ruhme brechen; 
In Glanz und Farben kleiden sich viel tausend Federn, Steine, 
Und in den Waffen glitzern hell viel tausend Irisscheine; 
Es sitzt der Sieg in ihrer dunklen Augen wildem Sprühen 
Und Mannesmut und Treu in ihren Felsenherzen blühen. 
Ein hoher Jüngling reitet an der Spitze dieser Schaaren. — 
Wer ist er denn? — und glüht, beschattet von den blonden Haaren, 
Die Wang dem Ruhm, dem Glück entgegen? — Ach, unendlich milder, 
Als die Natur in Morgenfrühe malt die ros’gen Bilder, 
Und süßer, heller als der Schimmer, der den Ruhm verklärt, 
Ist dieser Glanz, der sich auf seines Herzens Herde nährt, 
Das Lächeln, das wohl Teil hat an dem seligen Berauschen24, 
Womit die Auserwählten Cherubimgesängen lauschen! 
Er ritt auf flücht’gem Roß und an der Schluchten25 Saum führt’ er 
Der schweigenden Gefährten Troß in Reih und Glied daher; 
Verschwindend in verwachsnem Grund umkreisten sie das Tal 
Und glänzend lugten aus Gebüsch die Köpfe noch einmal; 
Am Hügel sah man dann den Jüngling noch befehlend winken, 
Und weiter fort den Weg gings dem Kosaken nach, dem flinken, 
Des leichte Spuren unbestahlter Hufe niemand fand, 
Denn Kindern gleich begruben Luft und Tau sie längst mit Sand. 
  8.
Und stille, öde ist die Flur, die Ritter schon verschwunden; 
Das Herz bangt ihnen nach, als hätt es den Verlust empfunden. 
Der Blick schweift hin im weiten Raum; doch wo er nur mag weilen, 
Er trifft nichts Lebendes, kann keinen Ruhepunkt ereilen, 
Die Sonne leuchtet schräge auf die ausgedehnte Flur, 
Belebt fast von der Krähe Flug und ihrem Schatten nur: 
Zuweilen zirpt im nah’n Gestrüppe26 eine Ackergrille; 
Nur in den Lüften herrscht ein Zwiespalt — scheint’s — sonst dumpfe Stille. — 
Wie, ist kein Ahnenmonument im Lande weit und breit, 
Das, sanft umstossen vom Gedanken der Vergangenheit, 
Ihm eine Ruhestätt für bangen Fühlens Bürde werde? — 
Ach nein, er senke denn den Flug und tauche in die Erde! 
Dort wird er alte Waffen finden, die der Rost zerstört, 
Gebeine auch — man weiß nicht, wem sie einstens angehört — 
Und in der fruchtbar’n Asche dort die Saat, die volle, reiche, 
Wenn nicht — Gewürm, das hauset in noch frischer, blut’ger Leiche! 
Doch haltlos irrt er auf der Flur — an Nichts kann er sich ranken27 — 
Gleich der Verzweiflung ohne Zuflucht, ohne Ziel und Schranken. 
  9.
Tief sinnend saß der Kronschwertträger28 unter alten Linden 
Und schwer mocht er auf welkem Haupt der Leiden Wucht empfinden. 
Wie traurig ihm bei grauem Haar der — schwarze Żupan stand — 
Einst trug er helle Farben auch im Dienst fürs Vaterland, 
Fürs Vaterland, des Nam’ im Kriege, wie bei Ratesfragen. 
Im Streit bei Reichstagswahlen, wie bei rauschenden Gelagen 
Mit reinem Feuer stammte, dem das Hetze, wie zur Sonne 
Im Lenz der Vogel fliegt, entgegenhüpfte voller Wonne — 
Jetzt sind die Glanzgefühle schon erblichen, ach, entrückt! 
Das Leben schmerzt nur mehr und seine Blume ist geknickt. — 
Er sann, und das vergang’ne Leid, den Gram der Gegenwart 
Bedeckt der dichte Flor der Schmach, die drohend seiner harrt. — 
Doch, o so lang er atmet nur, wird er so leicht nicht lassen 
Des trotz’gen Hochmuts Flammen seinen reinen Herd erfassen! 
So lang im schwarzen Żupan noch lebend’ge Glieder sitzen, 
Wird auch bei Not in dürrer Hand der alte Säbel blitzen! 
Und dann? — Der Kronschwertträger weilt in sinnender Betrachtung; 
Sein stolzer Blick birgt Mißmut, Zorn und auch vielleicht Verachtung. 
  10.
Und bei ihm sitzt ein junges Weib; warum im Lenz schon bricht 
Denn gar so trüb durch Nebel ihrer Schönheit helles Licht? 
Nicht Blumen schmücken sie, noch ein Gewand mit Prunkgeschmeide, 
Das schwarze Aug ist tief gesenkt, sie selbst im Trauerkleide; 
Im Antlitz dunkelt Gram, die Stirn neigt sich in leiser Bebung 
Und deren Widerschein ist nur — das Lächeln der Ergebung. 
Wenn irgend plötzlich, wo sonst dichte Schatten sie umfangen 
Sei’s ein Gedanke, sei’s Erinn’rung rötet ihre Wangen, 
Ist doch so bleich dies Licht, wie wenn von einem Säulenbild 
Der volle Mond die Züg mit ungewohntem Leben füllt. 
Gestalt an Schönheit wie an Adel reich! Ihr Flug, er ging 
Zum Kreis der Engel, deren reiner Zauber sie umfing. 
Doch herbstlich angeweht vom zehr’nden Hauch der ird’schen Lust, 
Verwelkte des Gefühles Knospe früh in ihrer Brust. 
So geht sie ihren Weg gepeitscht von scharfen Sturmesbesen, 
Gebannt in schwere Erdenfessel, doch ein Himmelswesen. 
Ihr Herz ist ausgebrannt und doch glänzt sie wie Morgenglühen: — 
So gleicht sie jenen Früchten29, die am toten Meer erblühen, 
Die durch Gefahr und Müh, doch reizend schön dem Wandrer winken — 
Er findet Asche drin, und wollte Nektar daraus trinken. 
Ein jeder Zug von ihr — so scheint es — hauchet düstre Milde 
Und Tränen siehst du nicht, noch Harm in dem umwölkten Bilde. 
O nein! vergang’nen Grames Kampf ist da nicht mehr zu sehn, 
Doch leicht das stille Grab entschwund’ner Hoffnung zu erspähn; 
Des Glückes Ampel, die in ihren Augen einst gefunkelt, 
Hat im Erlöschen düsternd ganz ihr Angesicht verdunkelt. 
  11.
So saß das junge Weib im Buch des Lebens ganz verloren, 
Ihr Geist schwang gläubig sich empor zu hellen Himmelstoren, 
Geschreckter Taube gleich, die zitternd mit dem Flügelpaar 
Fern von der Erde sucht ihr Nest im Ätherklar. 
Und weil dort oben über Erdenpracht und Außenscheine 
Der Demut weiße Schwingen glänzen in weit hell’rer Reine30, 
Die Saite bebt, die an den Himmel hält das Herz gebunden: 
So fiel es auch wie Tropfen süßen Taus in ihre Wunden. 
Und als mit jener Rührung sie das Aug nach oben kehrt 
Wo alles Fühlens Kraft in einer Miene sich verklärt, 
Wo Zukunft zur Vergangenheit auf hellem Strahl sich schwingt 
Und wie mit Schwesterherzen sie in einem Blick umschlingt: 
Da erst erkannte sie, wie wohl es tut dem edlen Herzen, 
Das ob verlor’nen Glücks im Irrsal wandelt seiner Schmerzen 
Und längst gestorben ist für Erdenfurcht und Erdenlust, 
Wenn Sehnsucht hin zu seinem ew’gen Ursprung schwellt die Brust! 
Wie süß es ist, dem Wirrwarr dieser Welt sich zu entwinden 
Und dann auf immer in des Todes Armen zu verschwinden! 
Und wer alsdann gescheit hätt ihr Antlitz strahlenreich 
Und auch den seelenreinen Kronschwertträger kummerbleich — 
Die sparrig äst’gen Linden und die Trachten so uralt, 
Den Schnitt so reizend schön, wie gern die Phantasie ihn malt; 
Und wer da noch gesehen hätt wie Glanz und Düfte ringen 
Um ihre Schläfe, ach! behend den Märtyrkranz zu schlingen: 
Der hätte sich vielleicht versetzt ins grau’ste Altertum, 
In Gegenden voll Glanz, in ferne Länder voll von Ruhm, 
Der säß wohl an des Jordans Ufern unter Palmenhainen, 
Mit dem Geschlechte Israels zu sinnen und zu weinen, 
Und hätt im heil’gen Schauer mitempfund’nen Wehs erkannt 
Dieselbe ewige und unbegreiflich hohe Hand, 
Die Hand, die Huld und Strafe, wie den Gram, den immergleichen, 
Herniederschickt und wendet dem, der trägt des Kain Zeichen, 
Dem Menschen, der im Glücke selbst zum Glück noch Etwas braucht 
Und dem’s erst wohl — wenn er den letzten Seufzer aufwärts haucht. 
  12.
«Zu lange, Vater! hat in lieblicher Gedanken Kreisen 
Mein Geist sich heut verirrt; doch von des Grames dunklen Gleisen 
Seh ich noch immer, immer deine trübe Stirn durchzogen, 
Und wenn dir — kaum die Freude winkt, sofort ist sie entflogen, 
Dem Strahl aus Wolken gleich, der niederglänzt auf Bergeshöhen, 
Und den die Wolke wieder birgt, wenn Stürme jagend wehen. 
Warum, ach! will nicht ruhen mehr dein Haupt mit weißen Locken 
Hier auf dem Schoß? O fürchte nichts! Des Kummers Bett ist trocken; 
Nicht mehr wie sonst erwachst du jetzt von Tochtertränen naß, 
Wenn ich, den Schlafenden im Arm, zu Dir gebeuget saß. 
O grauses Spiel des Unglücks! Ein so ganz vergilbtes Reis 
Gab seinem alten Eichenstamm mit krankem Safte Speis31, 
Und das Gefühl hat, unter langem Drucke eingeschlossen, 
Durchbrechend der Erwägung Damm in Strömen sich ergossen. 
Wie schmerzlich ist es, ach! zurück zu schau’n, und doch zurück 
Nicht können, wo Verzweiflung lauernd sitzt mit hohlem Blick! 
Wie grausam, ach! dem Zwang gehorchend, mit denselben Händen 
Die gern Arznei darreichen wollten, tötlich Gift zu spenden! 
O Vater! du mein teurer Vater! soll die Tochter dein 
Dir nie, nicht einen Augenblick mehr Trost und Labsal sein? 
Ihr Los war bitter; doch das alles ist schon längst verflossen. — 
O, sieh, welch süßes Licht hat jetzt sich über mich ergossen! 
Viel heit’rer eilt, als sonst, das Lächeln über meine Wangen 
Und deins zu wecken, wie dereinst im Glück, ist sein Verlangen. 
Wie oft entsinn ich mich doch jener schönen Jugendzeit, 
Der flücht’gen, und des Väterchens, wie es voll Düsterkeit 
Zuweilen nach der schweren Arbeit auszuruhen pflegte 
Und wie dann flugs im kleinen Mädchen sich die Freude regte, 
Die nun auch ihm ins Herze drang so unvermerkt, allmählich, 
Bis endlich er, von ihr verklärt, anhob zu lächeln selig. 
O sag mir doch, wo diese Macht des kleinen Mädchens blieb? 
Sie führt die Wolken jetzt herbei, die früher sie vertrieb! 
Wohin entfloß der muntre, reine Bach voll Flüchtigkeit? 
Im See verlor er sich wohl zürnend seiner Nichtigkeit. 
Und wo flog unser Vöglein hin? Es wollte sein Gefieder 
In Feuersglut vergolden wohl, und nimmer kehrt es wieder. 
So lange Der, der ewig meinem Herzen eigen war, 
Noch eh ich ihn den Meinen nannte vor dem Traualtar; 
So lange Der, mit welchem im Gefühl mich zu verweben, 
Zu schwärmen im Gedankenflug, in Seufzern zu entschweben, 
In dessen Blick zu fühlen mich als Licht und Lebensgrund, 
Weit mehr als Glück mir galt, da mir der Himmel offen stund; 
Der, welcher meines rührend schönen Traumes Knosp erschloß 
Mit seiner Anmut und den Schlaf verscheucht’ aus ihrem Schoß, 
Von ihrem frischen Taue trank und auf der Blätter Kleid 
Des Dankes Träne legt, die unberührt bleibt von der Zeit; 
So lange er, der mein Geliebter, meiner Seele Welt, 
Des Bundes Kette, die uns knüpft, verächtlich nicht zerschellt, 
Der Tugend, der Erinnerung, der Lieb die Treue hält, 
Treu auf den Trümmern noch, wenn der Pallast des Glücks zerfällt: — 
So lang wird auch für mich des Lebens Pforte sich nicht schließen, 
So lang wird sein Gedanke noch zu mir herüberfließen 
— Ob er selbst fern —
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